Der Wiener Heurige
Der Buschenschank oder, wie der Wiener viel häufiger sagt, der Heurige, stellt eine Verkaufsform des Weins dar, die in Österreich bereits seit Jahrhunderten üblich ist. Das Ausschenken von Eigenbauweinen und das gleichzeitige Anbieten eines dazu passenden Essens ist ein uraltes österreichisches Recht, vielleicht sogar eines der ältesten landwirtschaftlichen Rechte Österreichs überhaupt. Denn die ersten schriftlichen Aufzeichnungen darüber aus dem 13. Jahrhundert (>Bannthaidinge<) stützen sich bereits auf mündliche Überlieferungen.
Jedes Dorf mit Weinbau in Österreich hatte zunächst sein eigenes Recht zum Weinausschank, für dessen Einhaltung der Bürgermeister (>Ortsrichter<) zu sorgen hatte. Im Laufe der Zeiten änderten sich natürlich die Gesetze und Vorschriften. Damals wie heute durfte aber immer nur der selbst hergestellte Eigenbauwein ausgeschenkt werden. Daneben war auch die Ausschankzeit geregelt, die Reihenfolge der Buschenschenker, wie sie im Laufe des Jahres ausschenken durften und ähnliches mehr. Vielleicht nicht uninteressant war die Tatsache, dass alle diese Vorschriften für die Buschenschenker in den Dörfern lange Zeit hindurch unverändert blieben, während sie in den Städten häufig verändert wurden und weitere Bestimmungen nach sich zogen.
Es gab auch schlechte Jahre des Wiener Weinbaus
- Im 14. Jahrhundert ging man mit Dieben, die von der Behörde beim Traubenstehlen ertappt wurden, recht unsanft um: Je nach Ausmaß des Vergehens bekamen sie Hiebe auf die Fußsohlen, mussten entsprechend Strafe zahlen, oder es wurde ihnen gar ein oder zwei Ohren abgeschnitten.
- Zu gewissen Zeiten wurde der Rebenanbau gefördert, zu anderen wieder gebremst. Beispielsweise wurde 1510 das Anlegen neuer Weingärten in Wien verboten. Hingegen wurde 1684 nach der Türkenbelagerung die Rekultivierung zerstörter und verwüsteter Weingärten mit einer zehnjährigen Abgabefreiheit belohnt.
Das schlechte Weinjahr 1444 brachte einen derart sauren Wein, dass die damals sicherlich nicht durch Qualität verwöhnten Wiener Bürger diesen Jahrgang einfach auf die Straße schütteten. Das verbot Kaiser Fnedrich lll. unter Androhung schwerster Strafen und befahl, dass dieser Wein zum Anrühren des Mörtels für den Bau der Wiener Stephanskirche zu verwenden sei.
- Da einige Buschenschenker und Händler Wein unter Beimischung gesundheitsschädlicher Ingredienzien verkochten und ihn in betrügerischer Weise als Tokayer verkauften, wurden 1727 auf Anordnung der Regierung diese schädlichen Weine auf Kosten der Weinfälscher vernichtet und die Fässer zerschlagen
- Im 18. Jahrhundert war das Kellerwesen in Wien bereis sehr entwickelt. Wenn damals ein neuer Weinkeller eröffnet wurde, zogen eigens dafür bezahlte Kellerausrufer in der Stadt umher, lobten laut das neue Kellerlokal und teilten aus einem Weinfässchen Kostproben unter den Leuten aus.
- Eine Zeitlang durften Frauen die Buschenschenken in Wien nicht betreten. Es war ihnen höchstens erlaubt, draußen vor dem Lokal zu stehen, wobei ihnen nicht einmal das Sitzen dabei gestattet war. Auch später gab es noch bei Männern und Frauen unterschiedliche Rechte beim Heurigen.
- Zeitweise ließ auch die Sittlichkeit in den Buschenschenken sehr zu wünschen übrig. So verfügte 1752 der Wiener Magistrat in einem Dekret, dass die Beschäftigung von Kellnerinnen in den Weinstuben und Kellern verboten sei. 1870 war ein neuerlicher Verfall der Sitten in den Buschenschenken zu verzeichnen. Dirnen hatten oft ihr Standquartier in den Schenken aufgeschlage. Auch Raufexzesse kamen immer wieder vor.
Man muss beim „Heurigen“ zwei Begriffe auseinanderhalten. Einerseits versteht man darunter den Wein des letzten Jahrgangs, andererseits aber den Buschenschankbetrieb selbst, wo dieser Wein ausgeschenkt wird.
Der Heurige als Weinbegriff
Unter „Heurigen“ versteht man einen jungen Wein, der aus der letzten Ernte stammt. Lostag ist „Martini“(11. November). Gemäß der Tradition der Buschenschankbetriebe wird er dann bis zum Martinitag des nächsten Jahres als Heuriger bezeichnet. Wenn dann der nächste Jahrgang an seine Stelle tritt, wird er zum „Altwein“. Nach dem österreichischen Weingesetz darf der „Heurige“ (diese Bezeichnung ist jenen Weinen vorbehalten, die ausschließlich aus im Inland gezogenen Trauben gewonnen werden) unter diesem Namen bis zum Ende des Folgejahres ausgeschenkt werden. Hier liegt also ein kleiner Widerspruch zwischen Tradition und Rechtsprechung vor.
Der Heurige ist im Allgemeinen ein eher trockener, spritziger, bekömmlicher Wein. Nach wie vor werden in den Wiener Weingärten verschiedene Rebsorten als sogenannter Gemischter Satz ausgepflanzt. Sie werden bei der Lese nicht getrennt, sondern gemeinsam gepresst und vergoren und schließlich im Buschenschank angeboten. Die jeweils individuelle Mischung dieser verschiedenen Rebsorten schafft einen ganz speziellen Weintyp, der letzten Endes die Güte des Heurigen bestimmt.
Der Heurige als Buschenschankbetrieb
Für die überwiegende Mehrheit der Wiener Weinhauer ist der Heurigenwein die Existenzgrundlage. Der im Wiener Bereich gewonnene Wein wird fast zur Gänze selbst vermarktet, er wird also im eigenen Betrieb gewissermaßen an Ort und Stelle glasweise verkauft. Nur selten wird man einen echten Heurigenwein außerhalb der Buschenschenken, etwa einer Weinhandlung, kaufen können. Was aber den Genuss des Heurigenweines so besonders steigert, ist die bereits erwähnte eigenartige, ein-malige Atmosphäre des Heurigenlokals. Wenn der Wiener zum Heurigen geht, dann erwartet er eine ganz spezifische Stimmung, die außerhalb von Wien als wienerische Gemütlichkeit bezeichnet wird.
Der Wiener Heurige bietet eine Atmosphäre des Wohlbefindens, er schafft die Möglichkeit zum näheren Kennenlernen bis zur Verbrüderung, er erinnert aber zugleich auch an die Vergänglichkeit des Lebens. Denn die typische Heurigenmusik ist im Grunde genommen eine traurige Musik, mit Liedern wie “Erst wann's aus wird sein, mit ana Musi und an Wein ...“ oder „Es wird a Wein sein und mir wearn nimma sein ...“ etc.
Der Wiener will beim Heurigen zu sich selbst finden, wo er beim letzten Glaserl meist sein gutes weiches Herz zu entdecken beginnt, bevor auf allzu heftigen Alkoholgenuss das „heulende Elend“ folgt. Und diese vielfältige und unterschiedliche Heurigenstimmung ist - vornehmlich in den größeren Betrieben - äußerlich gekennzeichnet durch Heurigenbuffets mit Back- und Brathendeln, Stelzen, Wurst, Käse und Süßigkeiten, mit Wein aus einem Henkelglas, mit Schrammel-, Zither- oder bloßer Akkordeonmusik usw.
Der Wein wird beim Heurigen meist in einem Viertelliter-Henkelglas serviert. Dieses Henkelglas ist eigentlich wenig attraktiv und kann heute mit Weinkultur wohl kaum in Einklang gebracht werden. Und doch hatte dieses speziell für den Heurigen bestimmte Weinglas einst einen tieferen Sinn und durchaus seine Berechtigung. Denn in früheren Zeiten pflegte man zu einem Heurigenbesuch Speck, Wurst, Fleisch, Käse und Brot von daheim selbst mitzubringen. Beim Heurigen kaufte man in der Regel nur den Wein dazu. Und weil man diese Speisen meist mit Hilfe der Finger verspeiste und dazwischen immer wieder einen Schluck Wein trank, wurde ein gewöhnliches Weinglas schnell fettig und unappetitlich. Und das war der eigentliche Grund, weshalb speziell für den Heurigen das Weinglas mit dem Henkel geschaffen wurde, das heute aus einem Buschenschank einfach nicht mehr wegzudenken ist.
Leider gibt es heute neben den echten Buschenschenken viel Talmi - Restaurantbetriebe, die Wein ausschenken und sich einfach als „Heurige“ bezeichnen. Der echte Original Wiener Buschenschank ist äußerlich durch den Buschenschankanzeiger wie Föhren-, Tannen- oder Fichtenbusch erkennbar.
>>> Bericht von Rudolf Steurer "Wiener Heurigenführer" Originaltext Ausgabe 1986
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